Russische Hackerinnen
Es ist heutzutage anscheinend extrem wichtig, dass Gleichberechtigung unter den Kriminellen herrscht. Wir wollen ja nicht, dass nur die Männer Chancen dabei haben, andere Länder im Cyberspace anzugreifen.
In der vergangenen Woche habe ich für heise online eine Nachrichtenmeldung zum jährlichen IT-Sicherheitsbericht von Microsoft geschrieben. Was mich bei der Recherche zu dieser Meldung sehr überrascht hat, ist, dass Microsoft in einem deutschen Blog-Eintrag zu diesem Bericht die bösen staatlichen Hacker aus Russland, die all diese schlimmen Cyber-Angriffe schuld sein sollen, politisch korrekt gendert. Man spricht dort von den “Aktivitäten der Angreifer*innen”. Das st nun wirklich noch mal eine Stufe idiotischer, als das übliche Rumgegendere.
Ich bin absolut kein Freund dieser sprachlichen Verwirrung. Nicht etwa weil ich ein Gegner der Gleichberechtigung von Frauen und Männern wäre – nichts läge ferner der Wahrheit. Allerdings hat mich mein Linguistikstudium, inklusive des dadurch erzwungenen Semesters in Gender Studies, davon überzeugt, dass diese künstliche Veränderung der Sprache ein Irrweg ist. Ich fand diese Art der normativen Linguistik noch nie besonders überzeugend. Linguistik ist eine empirische Wissenschaft und sollte deswegen deskriptiv sein. Sprache ist eben kein Algorithmus und Menschen sind auch keine Computer. Chomsky hat mit seinem Blödsinn das kritische Denken ganzer Generationen versaut. Da ich damals neben der Sprachwissenschaft auch Geschichte studiert habe, weiß ich, dass die menschliche Geschichte voll von Beispielen ist, bei denen Bewegungen aller Art versucht haben, die Gesellschaf über normative Sprachvorgaben zu ändern. Das zieht sich von den britischen Königen des Mittelalters, über den Stalinismus der Sowjetunion bis hin zu rech aktuellen Bemühungen der französischen Regierung. Der Historiker weiß, dass Taten von Menschen mit Macht die Geschichte ändern, nicht die Manipulation von Texten. Wenn diese Art von Propaganda gegen die Menschen mit der wirklichen Macht eine Chance hätte, hätte das kleine Kuba den übermächtigen Klassenfeind USA längst besiegt. Und überhaupt würden wir eh alle Esperanto sprechen.
Aber gut, ich verstehe, dass manche Menschen denken, man könnte die Welt alleine durch die eigene Wortwahl verbessern – das ist ein gutes mentales Mittel, um die eigene Impotenz im Angesicht der Geschichte zu vergessen. Was ich aber gar nicht verstehe, selbst wenn ich die Logik dieser Leute einfach mal als gesetzt ansehe, ist, wie das gendern von Verbrechern – Kriegsverbrechern, wenn man der Argumentation von US-Präsident Biden folgt – irgendwem helfen soll. Was ist unser Ziel hier? Dass mehr Frauen zu Verbrechern werden und böse Dinge tun? Gleichberechtigung bei den Kriegsverbrechern? Ich dachte, ihr wollt Sprache bewusst verwenden? Dann denkt vorher nach!
Aufmacherbild: Gayatri Malhotra