Deutsche Autobahnen: Da treffen sich am Wochenende die, die es nicht wollen mit denen, die es nicht können. Und ich mittendrin.

Am Wochenende habe ich mal wieder knapp zwölf Stunden auf bundesdeutschen Autobahnen zugebracht, weil ich Norddeutschland so mag. Deswegen ist diese Kolumne auch verspätet; ich war gestern abend einfach zu müde, noch was zu schreiben. Als ich da allerdings im Stau stand und stop-and-go fuhr, hatte ich eine Menge Zeit, darüber nachzudenken, was da eigentlich auf der Autobahn los war.

Denn eigentlich war da gar nicht so viel Verkehr. Klar, auf der A1 hat’s gerade Baustellen ohne Ende, aber da würde man viel weniger Zeit verschwenden, wenn Menschen in Deutschland so kinderleichte Dinge wie das Reißverschluss-System beherrschen würden. Oder wenn sie in einer Baustelle auf einer Überholspur mit zwei Metern Breite auch überholen könnten. Oder wenigstens nicht kilometerweit parallel zum Auto rechts neben ihnen fahren, bevor sie sich eingestehen, dass sie zu viel Angst zum Überholen haben. Ja dann kauf doch keinen fetten SUV, du Depp, wenn du ihn nicht fahren kannst. Oder bleib rechts, verdammt noch mal!

Schön sind auch die Idioten, die im Schritttempo im Stau fünf Wagenlängen Abstand zum Fahrzeug vor ihnen lassen. Oder die Spezialisten, die bei 8O km/h schon eine Rettungsgasse bilden und dann nicht mehr wissen, auf wieviel Spuren wir denn gerade ei- gentlich fahren. Wenn man sowas sieht, kommt einem schnell der Gedanke, alle Automatikgetriebe, Staufahr-Assistenten und sonstigen technischen Schnickschnack sofort zu verbieten. Autopilot sowieso. Und am besten noch alle Bildschirme im Auto gleich mit. Vielleicht gucken die Menschen dann endlich wieder da hin, wo das verdammte Geschehen passiert: auf der Strasse! Manchmal kommt es mir echt so vor, als bin ich auf der Autobahn der einzige, der einen Überblick darüber hat, was vor und hinter ihm so passiert.

Ich habe am Wochenende eine Menge gefährliche Situationen miterlebt. Von denen übrigens keine einzige von den immer wieder als ach so gefährlich verschrienen “Rasern” ausgelöst wurde. Ganz im Gegenteil. Viel gefährlicher sind Menschen, die viel zu langsam auf die Autobahn auffahren. Oder 10O Meter vor der Abfahrt erst mal ne Reihe Vierzigtonner auf 6O km/h runterbremsen, weil sie denken, sie kriegen sonst die Kurve nicht. Die “Raser” sind wenigstens aufmerksam dabei, wenn sie mit 220 Sachen links überholen. Die Oma, die mit 75 km/h auf der mittleren Überholspur fährt, obwohl rechts weit und breit kein Fahrzeug ist, die weiß wahrscheinlich nicht mal, dass sie sich gerade auf ner Autobahn befindet. Wir brauchen kein allgemeines Tempolimit, wir brauchen einen allgemeinen Idiotentest für alle, die das Reißverschluss-System nicht kapieren oder auf der Mittelspur fahren, ohne zu überholen.

Ich bin seit einiger Zeit, ganz bewusst und im Sinne des Helden der Steine, ein ruhiger Fahrer. Ich versuche mich somit, über solches Verhalten weniger aufzuregen. Und als Fahrer eines fast zwanzig Jahre alten T4s fahre ich eh fast immer rechts mit gemütlichen 100 km/h und überhole nur gelegentlich mal einen LKW oder eine Schnarchnase, die bei über hundert Herzrasen bekommt. Trotzdem hinterlassen zwölf Stunden solcher gesammelter Inkompetenz dann doch Spuren. Wenn alle die, die Autofahren eigentlich gar nicht mögen, denen das alles zu mühsam ist und die, die es einfach nicht können, einfach mit der Bahn fahren würden, hätten wir anderen am Wochenende halb so lang im Stau und Stop-and-Go gestanden. Hätte, hätte, Fahrradkette.

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