Autos bequem online kaufen? Ja ne, ist klar. Lasst mal stecken.

Die meiste Zeit passt personalisierte Werbung, die ich im Internet angezeigt bekomme, ziemlich genau auf die Interessen von Männern in meinem Alter. Oft beachte ich so etwas dann gar nicht weiter. Aber ab und zu sehe ich Werbung, bei der ich nur den Kopf schütteln kann.

So geht es mir momentan. Ich bekomme nämlich seit Wochen hartnäckig Werbefilme für eine Webseite angezeigt, auf der man Gebrauchtwagen kaufen kann. In dem Video heißt es: “Sitze virtuell Probe. Wir bringen dein Auto dann bequem zu dir nach Hause”, oder so ähnlich. Da denke ich mir doch: Wer macht so etwas? Wer kommt auf die Idee, einen Gebrauchtwagen zu kaufen, ohne ihn Probe zu fahren? Ich würde ja nicht mal einen Neuwagen kaufen, ohne zu wissen, wie sich das Ding fährt.

Sind die Menschen in der Pandemie so vor Angst erstarrt, dass sie nicht mal bei einer Ausgabe von mehreren zehntausenden Euro das Haus verlassen wollen, um sich anzuschauen, was sie da genau kaufen? Oder ist das ein Generationending und bei Zwanzigjährigen einfach normal? Ich verstehe einfach nicht, wie sich so eine Firma über Wasser halten kann. Anscheinend machen die sogar Gewinn. Wie geht das? Gibt es so viele Leute, die unbesehen Gebrauchtwagen kaufen?

Unsere Gesellschaft digitalisiert momentan immer mehr Dinge, bei denen es absolut keinen Sinn ergibt, sie zu digitalisieren. Den Autokauf zum Beispiel. Es ist schon schlimm genug, dass ich monatelang Schrauben unbesehen im Internet kaufen musste, weil ich nicht in den Baumarkt durfte. Als jemand, der handwerklich eher unbegabt ist, kauft man da gerne schon mal die falsche Größe oder Form. Aber Schrauben sind immerhin recht billig. Wie oft muss ich denn meine im Internet gekauften Gebrauchtwagen umtauschen, bis ich einen finde, dessen Motor keine komischen Geräusche macht, wo das Plastik im Innenraum nicht knarzt und das Entertainmentsystem bedienbar ist? Lasst mal stecken. Ich kauf mein Auto lieber altmodisch im Autohaus.


Diese Text wurde ursprünglich am 30. März 2021 im Rahmen meiner Kolumne Digital Total veröffentlicht, die jeden Dienstag in der Ostfriesen-Zeitung erscheint.

Aufmacherbild: Ryan Searle

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