Seid keine Schafe
Eine Kolumne über WhatsApp-AGB-Änderungen und die übliche Massenpanik, die sich durch einfaches Nachdenken verhindern ließe.
Menschen verhalten sich manchmal wie Schafe: Einer läuft in Panik los und ehe man sich’s versieht rennt die ganze Gruppe hinterher, ohne wirklich zu wissen, wieso. Das konnte wohl jeder diese Woche im eigenen Freundeskreis beobachten. WhatsApp schickte Nutzern eine Nachricht zu einer AGB-Änderung, die nur das noch einmal klarstellt, was die Firma eh schon seit 2016 macht. Daraufhin sprangen meine Kollegen in der Presse auf das Thema an und schon fragen sich alle, ob sie WhatsApp löschen sollen.
Und übersehen, meine Kollegen genau wie die Öffentlichkeit, dass das Ganze weder neu ist, noch dass es dabei nicht um die Nachrichten geht, die wir uns schicken. Denn WhatsApp hat, nach aktuellem Kenntnisstand, mit die beste Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auf dem Markt. Weder WhatsApp, noch Facebook, noch sonst jemand außer Sender und Empfänger, können Nachrichten, Bilder, Videos oder Tonaufnahmen sehen, die über WhatsApp verschickt werden.
Natürlich gibt es eine Menge Metadaten, die Facebook und WhatsApp sammeln. Also eigentlich alles, was nicht Inhalt der Nachricht ist: Wer mit wem redet, wann sie reden und wo sie sich befinden. Damit kann man, vor allem wenn man Facebook ist und eine Menge andere Quellen hat, viel anfangen – auch Werbung machen. Aber warum interessiert die Leute das jetzt bei WhatsApp auf einmal? Und warum deinstallieren sie nicht auch die Facebook-App, die gleich daneben auf dem Handybildschirm sitzt? Und was ist mit Instagram, das gehört schließlich auch zu Facebook.
Ich finde es grundsätzlich löblich, dass sich Leute für Datenschutz interessieren. Nur die Prioritäten sitzen arg falsch. Wir leben in einer Zeit, in der die Regierung sich gerade das Recht gesichert hat, die im Grundgesetz verbriefte Unverletzlichkeit der Wohnung zu umgehen, um zu gucken, ob die Bürger illegale Partys feiern. Und die Menschen machen sich Sorgen über Facebook?
Seid keine Schafe. Denkt nach, bevor ihr losrennt.
Diese Text wurde ursprünglich am 19. Januar 2021 im Rahmen meiner Kolumne Digital Total veröffentlicht, die jeden Dienstag in der Ostfriesen-Zeitung erscheint.
Aufmacherbild: Andrea Lightfoot