Könnt ihr euch noch daran erinnern, als ich im November 2020 eine Kolumne darüber geschrieben habe, dass ich Sympathie mit meinen Mitmenschen habe, die damals gegen die im Eiltempo und ohne vernünftige Diskussion durch den Bundestag geprügelte IfSG-Novelle zu Recht auf die Straße gegangen sind? Und dass ich dann angefeindet wurde, weil bei den Demos ja Nazis dabei waren und man deswegen nicht mit den vernünftigen Demonstranten sympathisieren oder gar auf solche Demos gehen darf? Und diese Art von Aussagen fallen mir seitdem immer wieder auf.
Ich habe oft gesagt, warum das eine sehr dumme Art der Argumentation ist. Weil man sie ja im Umkehrschluss auch auf die Leute anwenden kann, die selbst so argumentieren. Nie wurde das klarer als am heutigen Tage, als bei einer antifaschistischen Gedenkdemo anlässlich des Terroranschlags von Hanau auch radikale ukrainische Nationalisten mitliefen. Jepp, das sind Leute, deren Vordenker mit den echten, historischen Nazis zusammen Juden ermordet haben. Mit anderen Worten, die Im-Zweifel-Links-Weltverbesserer, die sagen, wenn man auf ner Demo ist, auf der auch Nazis sind, ist man selber Nazi, sind jetzt auch Nazis. Merkt ihr selber, oder?
Wegen diesem ganzen Scheiß gehe ich dieser Tage nicht mehr demonstrieren und halte es mit den zeitlos-weisen Worten aus Leonard Cohens Song Democracy:
I’m sentimental, if you know what I mean
I love the country, but I can’t stand the scene
I’m neither left nor right
I’m just staying home tonight