Mit Jürgen Kuri verabschieded sich ein Urgestein des deutschen Tech-Journalismus aus der Branche. Ich habe ihn als Kollegen sehr zu schätzen gelernt und werde ihn schmerzlich vermissen.


Aufmacherbild: Miles Davis auf der Bühne, Jürgen Kuri hatte ein ähnliches Bild über seinem Schreibtisch im Heise-Newsroom hängen (Foto: Columbia Records)


Jürgen Kuri geht in den Ruhestand. Seit ich denken kann, war er Chefredakteur von heise online. In meiner Zeit in der Heise-Redaktion habe ich in als grund-integren Kollegen mit untrüglichen journalistischen Instinkten persönlich kennen- und schätzen gelernt.

In meiner Erfahrung trat Jürgen immer leise auf, wusste sich aber trotzdem durchzusetzen. Wie Wasser, das oberflächlich beobachtet langsam tropft, aber in Wirklichkeit das Tal, in dem man steht, aus dem Fels gemeißelt hat, war sein Wort im Heise-Newsroom, den er leitete, so etwas wie ein Naturgesetz. Sich dagegen zu stemmen, machte einfach keinen Sinn. Ich habe mich in meiner Zeit bei Heise aber eigentlich auch nie gegen ihn durchsetzen müssen. Wenn Jürgen Kuri meine Arbeit mal kritisiert hat, hatte er eigentlich immer Recht.

Als ich bei Heise anfing, gab es immer mal wieder unterschwellige Kritik an Jürgen. Er lasse zu viele Dinge einfach laufen, greife nicht oft genug editoriell ins Geschehen ein. Am Anfang habe ich diese Einschätzung durchaus geteilt. Später stellte ich langsam fest, wie falsch ich damit lag.

Jürgen hat die journalistischen Instinkte eines Mitglieds der alten Schule. Egal was passierte, er wusste eigentlich immer direkt, wie der Hase läuft. Aber es gibt zwei Dinge, die ich ihm besonders anrechne: Er lebt die Pluralität von Meinungen und hat kein Problem damit, unter seiner Ägide Texte zu veröffentlichen, bei denen er selbst anderer Meinung ist. Das ist extrem selten geworden im Journalismus.

Die zweite Eigenschaft ist aber vielleicht noch wichtiger. In meiner Zeit bei Heise hat Jürgen sich ausnahmslos immer hinter meine Arbeit gestellt. Auch wenn diese extrem kontrovers war oder Leute mit Einfluss sich auf den Schlips getreten fühlten. Und auch wenn man Fehler gemacht hat, stand Jürgen immer uneingeschränkt hinter einem. Er hat verlangt, dass man die Fehler berichtigt, aber er stand hinter einem. Genau so wünscht man sich als Reporter seinen Chefredakteur.

Ich werde Jürgen Kuris Einfluss im Newsroom von Heise und auf den Seiten von heise online schmerzlich vermissen. Ich habe, auch als freier Journalist, immer gern mit ihm zusammengearbeitet. Deshalb: Danke für deine Arbeit, Jürgen! Und genieß den Ruhestand! Du hast ihn dir verdient.