Der Xletix-Survival-Lauf im Steinbruch Osterholz bei Wuppertal wurde abgesagt. Sowohl die Absage durch die Stadt als auch die extrem späte Benachrichtigung der Teilnehmer durch den Veranstalter machen die Sache von vorne bis hinten zu einer einzigen Katastrophe.

Am Samstag, den 27. August wollte ich eigentlich bei der Xletix Challenge NRW im Steinbruch Osterholz in Wuppertal mitlaufen. Meine Frau hat vor ein paar Jahren schon mal bei einem Xletix-Lauf mitgemacht und ich hatte seit einer Weile geplant, das auch mal zu machen. Als ich dann jemand kennengelernt habe, der da auch mitlaufen wollte, haben wir uns kurzfristig zusammen angemeldet. Wie in der Lokalpresse berichtet wurde, hat dieser Lauf nicht stattgefunden. Was folgt, ist meine Untersuchung der Gründe der Absage und vor allem, warum der Veranstalter die Teilnehmer darüber erst knapp 12 Stunden vor Beginn des Events informiert hat.

Schon kurz nach dem Ticketkauf beschleicht mich ein merkwürdiges Gefühl

Eigentlich hätte ich schon hellhörig werden sollen, als ich nach dem Kauf unserer zwei Tickets keine Startnummern und keine Startzeit zugeteilt bekam. Das sollte nach Aussage des Veranstalters eigentlich “innerhalb von ein paar Tagen” nach Ticketkauf passieren. Auf zwei Support-Anfragen beim Veranstalter dazu eine Woche vor dem Lauf, und dann noch mal ein paar Tage später, erhielt ich keine Antwort. Das war der Zeitpunkt, an dem die Alarmglocken in meinem Kopf sich bereits sehr laut bemerkbar machten.

Na gut, dachte ich… In der Bestätigungs-Mail zum Kauf steht drin, dass man spätestens drei Tage vor dem Lauf eine Erinnerungs-Mail mit seiner Startnummer bekommt. Das geht bestimmt automatisch. Spätestens dann müssen wir ja eine Startzeit zugeteilt bekommen. Das Event geht schließlich den ganzen Tag und man will ja wissen, wann man startet, damit man dort nicht stundenlang vor Ort rumsteht.

Als besagte Erinnerungs-Mail allerdings nie bei mir eintraf, begann ich ernsthaft daran zu zweifeln, dass dieses Event stattfinden würde. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass vielleicht ein paar Irre dabei waren, das Event zu stoppen, weil das ja ein Matschlauf ist, man dafür natürlich viel Wasser benötigt und im Moment übertriebene Panik vor einer Dürre in Deutschland in der Presse umhergeistert. Weil dann angeblich der Walt abbrennt, was natürlich Blödsinn ist. Vor allem, da wir in NRW keinen Wassermangel haben – wir haben für sowas Talsperren, die lange Trockenheit im Sommer ausgleichen. Aber Fakten haben Bürgerinitiativen und andere Schwurbler ja noch nie aufgehalten und deshalb begann ich, mal zu recherchieren, ob es eventuell Probleme mit dem Event geben könnte.

Unternehmenskommunikation aus der Hölle: Die zahlenden Kunden möglichst lange im Dunkeln halten

Daraufhin entdecke ich am Freitag, den 26. August (einen Tag vor dem Event), Kommentare auf einem Facebook-Post des Veranstalters, in denen Teilnehmer darüber sprachen, dass die Xletix Challenge NRW 2022 wohl nicht stattfinden würde. Diese beruhten auf einem Facebook-Post des Veranstalters zur Absage des Events vom Donnerstagabend, in dem dieser es so aussehen lässt, als habe man aus einer Pressemitteilung der Stadt Wuppertal erfahren, dass das Event abgesagt wurde. In Wirklichkeit war man von der Stadt kontaktiert worden. Dieser Facebook-Post des Veranstalters von 18:56 Uhr wurde wohl nur deswegen veröffentlicht, weil Radio Wuppertal bereits um 17:21 Uhr über die Absage berichtet hatte. Laut einem später vom Veranstalter veröffentlichten Video wusste man dort bereits seit “kurz nach 16:00 Uhr” von der Absage. Zu dem Zeitpunkt hatte sich nämlich die Stadt beim Veranstalter gemeldet, was auch ungefähr mit der Veröffentlichung der Pressemittelung korrelieren dürfte. Auch die folgende Aussage aus dieser ersten offiziellen Stellungnahme zur Absage durch den Veranstalter ist äußerst fragwürdig:

Aktuell liegt uns tatsächlich überraschenderweise noch kein positiver Bescheid seitens des Bauamts Wuppertal vor.

Die Überraschung des Veranstalters ist im Nachhinein schwer nachzuvollziehen, da die Xletix GmbH in dem später veröffentlichten Video selbst zugibt, seit mindestens Juli gewusst zu haben, dass für den Lauf ein Bauantrag gestellt werden musste. Dazu schrieb mir das Presseamt der Stadt Wuppertal:

Dem Veranstalter wurde von Beginn an vermittelt, dass es ich um ein ergebnisoffenes Verfahren handelt, welches nur positiv beendet werden kann, wenn es keine Sicherheitsbedenken gibt.

Mit anderen Worten, Xletix wusste seit mindestens Juli, dass es sein kann, dass der Lauf nicht stattfindet und hat seine zahlenden Kunden erst zwei Tage vor dem Event darüber informiert, als es nicht mehr anders ging, weil die Absage bereits in der Lokalpresse bekanntgegeben worden war. Und obwohl es nach dem negativen Bescheid durch das Bauamt der Stadt als sehr unwahrscheinlich hätte gelten müssen, dass das Event doch noch hätte stattfinden können, wurden den Teilnehmern stattdessen Hoffnung gemacht. Zu diesem Zeitpunkt schrieb Xletix auf Facebook:

Wir arbeiten aktuell unter Hochdruck daran, unsere Veranstaltung doch noch durchführen zu dürfen. Wir werden euch im Laufe des morgigen Tages, sobald uns ein finales Ergebnis vorliegt, darüber informieren, ob die XLETIX Challenge NRW 2022 stattfinden darf.

Was Xletix hier nicht schreibt ist, dass man einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gestellt hatte, um den Bescheid der Stadt aufzuheben. Warum wurde das den Teilnehmern nicht genauso mittgeteilt? Ich denke mal, weil auch Xletix wusste, dass die Chancen dafür, dass das Gericht die Entscheidung der Stadt umkehrt von Anfang an sehr gering waren. Ich habe kein Jura studiert, aber wenn das Bauamt ein Event absagt, weil der Veranstalter nicht zeigen kann, dass es sicher durchgeführt werden kann, dann wird ein deutsches Gericht meiner Meinung nach wohl kaum mit einer Umkehrung dieser Entscheidung der Stadtverwaltung die Verantwortung für etwaige Personenschäden in die Schuhe schieben. Vor allem nicht in NRW und nach dem was hier im Jahr 2010 passiert ist. Und so kam es dann auch wie es kommen musste: Das Gericht schloss sich der Entscheidung der Stadt an.

Nur dass der Veranstalter die Teilnehmer eben über diese Vorgänge nicht informiert hatte. Statt Transparenz und Respekt gegenüber seiner Kunden zu zeigen, hielt man es mit der guten alten Champignon-Taktik, dem Klassiker in der PR-Branche beim Umgang mit Kunden: Haltet sie im Dunkeln und füttert sie mit Scheiße. Und so gab es dann erst am Freitag um 14:52 Uhr einen zweiten Facebook-Post zur Absage, in dem ein “Eilantrag” erwähnt wird, der aber ansonsten auch nur die Information enthält, dass die Teilnehmer endgültig bis 19:30 Uhr an diesem Abend Klarheit darüber haben sollen, ob das Event stattfindet oder nicht.

Zur Erinnerung: Die Xletix Challenge NRW sollte um 8 Uhr am nächsten Morgen starten. Viele Teilnehmer äußerten daraufhin verständlicherweise auf Facebook ihren Unmut. Einige, wie ich selbst, hatten immer noch keine Startnummer – und damit keine Ahnung wann genau am Samstag sie auf dem Event-Gelände sein sollten – andere hatten Anreisen von bis zu sieben oder acht Stunden vor sich und wollten wissen, ob es sich lohnen würde, überhaupt loszufahren. Und ob man eventuell bereits gebuchte Hotelaufenthalte vielleicht noch stornieren könne, um weniger Geld im Falle einer Absage des Events aus dem Fenster zu werfen.

Zwölf Stunden vor dem Start der ersten Läufer dann schließlich die Absage

Um 19:39 Uhr am Freitag, dem 26. August, knapp zwölf Stunden vor dem Start des Laufes, postete die Xletix GmbH dann das bereits verlinkte Video. Professionell produziert und offensichtlich von PR-Experten ganz klar darauf angelegt, den Ärger der Teilnehmer auf die Verantwortlichen der Stadt Wuppertal zu lenken.

Statt dieses Video zu produzieren – oder auch parallel dazu – hätte man die Teilnehmer auch von Anfang an kurz und knapp über die Probleme bei der Genehmigung des Events informieren können. Wenn vielleicht nicht während der Diskussionen mit der Stadt Wuppertal im Juli, dann doch in der Woche vor dem Event. Mindestens aber seit 16:00 Uhr am Donnerstag, als der Bescheid der Stadt vorlag, hätte man alle Karten auf den Tisch legen müssen. Kunden, die zwischen €80 und €110 für ein Event zahlen und dafür zum Teil durch ganz Deutschland oder sogar aus Österreich und der Schweiz anreisen, verdienen wenigstens so viel Respekt, dass man ihnen zwei Tage vor einem monatelang geplanten Event klar sagt, dass es wahrscheinlich ist, dass dieses nicht stattfindet. Die Versuche des Veranstalters für eine Durchführung des Laufes zu kämpfen in allen Ehren, aber man kann das tun und die Teilnehmer über die Realitäten zeitnah auf dem Laufenden halten. In Zeiten von Social Media gibt es da keine Ausreden mehr. Eine Firma wie Xletix, die solche Plattformen mit professionellen PR-Mitteln zu ihrem Vorteil nutzt, sollte sie auch nutzen, um wichtige Informationen wie eine etwaige Eventabsage früh und ehrlich zu kommunizieren.

Zumal der Veranstalter, wenn alles stimmt was von seiner Seite so veröffentlicht wurde, nichts zu verlieren hatte. Wenn wirklich allein die Stadt an der Absage die Schuld hat und man bei Xletix von vorne herein alles Menschenmögliche versucht hat, um das Event doch noch stattfinden zu lassen, dann kann Transparenz über diesen Prozess nicht schaden und führt eher noch dazu, das Verständnis der Teilnehmer gegenüber dem Veranstalter zu festigen. Wohingegen die durchgeführte Champignon-Taktik viele Teilnehmer verärgert hat. Besonders die, die umsonst aus entfernten Teilen der Republik angereist und auf Hotel- und anderen Übernachtungskosten sitzengeblieben sind.

Xletix antwortet mit vorgedrucktem Geschwafel auf meine Presseanfrage

Mich hat natürlich interessiert, warum Xletix die Teilnehmer nicht besser informiert hat, also habe ich deren Pressekontakt geschrieben und die folgenden Fragen gestellt:

  • In Ihrem Facebook-Video heißt es, beim Verwaltungsgericht sei ein Eilantrag eingereicht worden. Welches Gericht war das genau? Gab es eine schriftliche Begründung der Entscheidung? Was steht da drin?
  • Für wie wahrscheinlich hat Ihr Juristen-Team zum Zeitpunkt der Antragsstellung den Erfolg des Antrages beurteilt?
  • Wann genau wurde die Veranstaltung angemeldet? Warum war bis Mai nicht klar, dass die Bauaufsichtsbehörde zuständig ist? Warum war mit dieser Entscheidung nicht klar, dass ein Bauantrag gestellt werden muss?
  • Wenn Sie seit Mittwoch morgen wussten, dass das Bauamt Bedenken hat (und damit an der Durchführung des Events signifikante Zweifel bestanden), warum wurde das nicht sofort den Teilnehmern mitgeteilt? Warum wurden die Teilnehmer bis Freitag nach 19:30 Uhr (kanpp 12 Stunden vor Beginn des Events) darüber im Dunkeln gelassen, dass das Event höchstwahrscheinlich nicht stattfinden wird?
  • Das Bauamt hat, laut Ihrem Video, am Donnerstag morgen eindeutig mitgeteilt, dass es keine Genehmigung gibt. Warum wurde nicht zumindest das den Teilnehmern mitgeteilt? Warum haben Sie den Teilnehmern diese Information nicht vor der Pressemitteilung der Stadt am Nachmittag mitgeteilt?

Als Antwort schickte mir die vom Veranstalter beauftragte PR-Agentur folgende Störgeräusche zurück:

Lieber Herr Scherschel,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Team der XLETIX GmbH hat im Sinne aller Teilnehmenden und unter Hochdruck versucht, die Veranstaltung doch noch durchführen zu dürfen. Die finale Entscheidung fiel erst Freitagabend – daraufhin wurden alle Teilnehmemden offiziell informiert. Alle weiteren Informationen können Sie aus dem Statement von der XLETIX GmbH entnehmen.

Bei dem Link handelt es sich um eine Kopie des von mir zitierten Facebook-Videos. Damit ist jetzt genau niemand schlauer als vorher und keine meiner Frage, die sich erst aus diesem Video ergeben haben, wurden beantwortet. Und für diesen Mist hat Xletix, beziehungsweise deren PR-Agentur, fast 24 Stunden Antwortzeit gebraucht.

Die Sichtweise der Stadt Wuppertal

Aus dem Propaganda-Narrativ1 von Xletix ergibt sich ganz klar, dass die Stadt Wuppertal an dem ganzen Debakel die Schuld trägt. Laut dem Veranstalter wurde die Xletix Challenge NRW in vergangenen Jahren im Steinbruch Osterholz mehrmals erfolgreich – und vor allem sicher – durchgeführt. Dieses Jahr allerdings wurde man dann aus heiterem Himmel damit konfrontiert, dass das Bauamt der Stadt nun für eine Genehmigung des Hindernislaufes verantwortlich sei. Später hieß es dann, dass ein ordentlicher Bauantrag gestellt werden müsse. Und dieser wurde dann schließlich abgelehnt, obwohl der Veranstalter bis zum Ende bemüht war, etwaige Sicherheitsbedenken aus dem Weg zu räumen. Unter anderem hatte man wohl in letzter Minute noch mehr als fünf Kilometer Bauzäune aufgestellt, um Abbruchkanten im Steinbau abzusichern. Aber auch nach Änderung der Strecke und “weiteren geologischen Bewertungen” habe die Stadt die Genehmigung trotzdem verweigert.

Mich hat natürlich auch interessiert, wie die Stadt Wuppertal dies sieht. Also habe ich folgende Fragen an die Stadt gerichtet:

  • Können Sie mir sagen, wann Xletix diese Veranstaltung bei der Stadt angemeldet hat?
  • Xletix behauptet, erst im Mai erfahren zu haben, dass das Bauamt zuständig ist und erst im Juli gewusst zu haben, dass ein Bauantrag gestellt werden muss. Stimmt das?
  • Stimmt es, dass bei früheren Xletix-Veranstaltungen im Steinbruch Osterholz kein Bauantrag gestellt werden musste und das Bauamt nicht zuständig war? Wenn das stimmt, warum hat sich dies geändert?
  • Können Sie mir Details dazu geben, warum es Bedenken zur Sicherheit des Events gab? Vor allem unter dem Aspekt, dass dieses Event an der selben Stelle ja schon mehrmals sicher durchgeführt wurde. Gelten diese Sicherheitsbedenken auch für andere Events in dem Steinbruch?
  • Xletix behauptet erst in der Woche vor dem Event erfahren zu haben, dass es Bedenken hinsichtlich der Sicherheit gibt. Stimmt das? Ist es normal, dass so etwas dem Eventveranstalter erst so spät mitgeteilt wird? Vor allem, wenn es sich um ein derart großes Event handelt.

Das Presseamt antwortete mir innerhalb weniger Stunden:

Sehr geehrter Herr Scherschel,

die späte Absage ist der Tatsache geschuldet, dass das Antragsverfahren erst recht spät begann und das städtische Bauamt sich die Entscheidung bis zum Schluss nicht leicht gemacht hat. Dem Veranstalter wurde von Beginn an vermittelt, dass es ich um ein ergebnisoffenes Verfahren handelt, welches nur positiv beendet werden kann, wenn es keine Sicherheitsbedenken gibt.

Der Grund für die Entscheidung liegt in dem fehlenden Nachweis der sicheren Benutzbarkeit der Veranstaltungsfläche. Damit sind nicht die Hindernisse und Aufbauten für den Lauf selbst, sondern die Besonderheit eines aktiven Steinbruchs bzw. die Beschaffenheit des Geländes gemeint.

Mit der Genehmigung würde das Bauamt der Stadt dafür einstehen, dass die Anlage für diese Veranstaltung gefahrlos und sicher nutzbar ist. Die Bauaufsichtsbehörde übernimmt insofern die Verantwortung für die Sicherheit und ist im Falle eines Unfalls auch im juristischen Sinne verantwortlich. Diese Verantwortung kann bei dem vorliegenden Kenntnisstand niemand in der Behörde übernehmen.

Die der Entscheidung zugrunde liegenden Erkenntnisse basieren auf einer sich in den letzten 12 Tagen verdichtenden Faktenlage aus Gutachten (Eingang eigentliche Gutachten am 29.7. und 11.8., zuletzt ergänzt am 24.8.), der Beobachtung von Hangrutschen in der Vergangenheit (Mitteilung der Feuerwehr an die Bauaufsicht am 19.8.) sowie zwei Terminen vor Ort (22. und 23.8.).

Konkreter können wir leider nicht werden, da das bauordnungsrechtliche Verfahren ähnlich wie Steuer- oder Bußgeldbescheide aus Datenschutzgründen nur dem Antragsteller gegenüber offen sind.

Vielleicht ist in diesem Zusammenhang für Sie von Interesse, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf, welches vom Veranstalter eingeschaltet wurde, die Auffassung bzw. Bedenken der Stadt offensichtlich teilt und den ablehnenden Bescheid nicht aufgehoben hat.

Mit anderen Worten: Es stimmt, dass man in diesem Jahr offensichtlich andere Kriterien an das Event angelegt hat, als vorher. Warum auch immer. Aber man hat den Veranstalter anscheinend auch ganz klar darüber informiert und nicht darüber im Dunkeln gelassen, dass eine Genehmigung auf wackeligen Beinen steht.

Meiner Meinung nach hat die Stadt, im Rahmen des Verfahrens, hier durchaus logisch und verantwortungsvoll reagiert. Wenn diese Angaben von Seiten der Stadt stimmen, und auf Basis der von Xletix vorgelegten Informationen scheint das so zu sein, dann kann man den Verantwortlichen bei der Stadt Wuppertal bei der Durchführung dieses Verfahrens eigentlich nichts vorwerfen.

Man könnte argumentieren, dass dies alles – auch im Sinne der Teilnehmer, die ja zum Teil auch Bürger der Stadt sind – viel früher hätte entschieden werden können. Aber andererseits hat Xletix augenscheinlich erst mal nicht kapiert, dass hier ein Antrag gestellt werden muss und deswegen den Prozess verzögert. Und außerdem glaube ich den Verantwortlichen der Stadt auch, dass man sich bemüht hat, positiv im Sinne des Events zu entscheiden.

Bevormundung und angstgesteuertes Verhalten bei der Stadtverwaltung

Dass die Stadt Wuppertal im Rahmen des Verfahrens vernünftig gehandelt hat, lässt allerdings eine viel wichtigere Frage außer acht: War das Verfahren überhaupt sinnvoll?

Ich kann mich der Argumentation von Xletix durchaus anschließen, wenn der Veranstalter fragt, warum denn nun auf einmal ein Bauantrags-Verfahren nötig war. Das Event halt mehrmals stattgefunden und niemand ist dabei gestorben oder schwer verletzt worden. Und, herrje, es handelt sich hierbei schließlich um einen Abenteuerlauf. Deswegen findet der ja auch in einem Steinbruch statt – wegen Abenteuer und so. Menschen, die an so etwas teilnehmen sind ja eben nicht die sicherheitsfanatischen Neurotiker, die nur in Sicherheitswesten bekleidet am Straßenverkehr teilnehmen und jede Freizeitaktivität danach beurteilen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie dabei sterben könnten.

Man muss bei so Events nicht umsonst unterschreiben, dass man niemanden verklagt, wenn man sich weh tut. Das ist nicht die Love Parade. Wenn ich in Duisburg auf ein Konzert, beziehungsweise Straßenfest, gehe, dann habe ich nicht die Erwartung, wegen ungenügender Sicherheitsmaßnahmen totgetrampelt oder schwer verletzt zu werden, das ist klar. Aber wenn ich an einem Abenteuer-Lauf im Steinbruch Osterholz teilnehme, dann kann man schon mal die Erwartung haben, dass man da irgendwo abstürzt und sich weh tut. Das gehört halt zum Abenteuer dazu und das sollte jedem, der an sowas teilnimmt, bewusst sein. Und ich denke, den weitaus meisten Teilnehmern ist das auch klar. Denn sie sind erwachsen und nicht komplett verblödet. Extremsport bringt nun mal Risiken mit sich. Ob ich bei 37 °C mit 10 Kilo im Plattenträger einen Halbmarathon laufe, in den Bergen herumklettere, mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug springe, auf hoher See segele oder in einem Steinbruch über Hindernisse springe, ist egal. Wer sowas macht, macht das halt genau deshalb weil er kein Weichei ist. Und deswegen sollte man solche Menschen auch nicht behandeln wie Weicheier.

Wenn die Stadt Wuppertal ein solches Event aus rein bürokratischen Gründen und ohne konkrete Hinweise auf wirkliche Gefahr absagt, dann ist das nichts anderes als Bevormundung. Erwachsene, mündige Bürger, denen man zutraut, ihre demokratische Pflicht zu erfüllen und in Wahlen über die Regierung des Landes zu entscheiden, werden behandelt wie Kleinkinder, denen man zu deren eigenen Schutz Vorschriften machen muss: Den Bundeskanzler darfst du wählen, aber wehe, du entscheidest dich dazu in einem Steinbruch etwas schlammigen Spaß zu haben. Das geht so aber nicht!

What the fuck, Deutschland?

Dieses angstgesteuerte, neurotische Verhalten kotzt mich an. Und es wird auf Dauer dazu führen, dass sich die Politik  mit Hilfe von großen Teilen der Presse, die sich darauf spezialisiert haben, unsinnige Ängste zu schüren – in eine Systemkrise hineinmanövriert, wie wir sie hierzulande zuletzt am Anfang des 20. Jahrhunderts erlebt haben. Und ja, das mache ich wirklich auch an so etwas wie dieser Event-Absage fest, denn sie ist ein perfektes Beispiel für überbordende Bürokratie und eine Gesellschaft, die sich durch ihre eigenen Neurosen selbst zerfrisst.

Und die Moral von der Geschicht: Schlau sind sie alle nicht

Eigentlich ist dieser ganze Clusterfuck ein sehr schönes Anschauungsstück, woher viele der Probleme in unserem Alltag kommen. Bürokratische Entscheidungen des Staates, die normale Menschen auf der Straße mit Recht nicht mehr verstehen, treffen auf Firmen, die keinen Respekt vor ihren Kunden haben, das eigene Image in jedem Fall über deren Interessen stellen und deswegen nicht mal mehr wichtige Informationen an die weitergeben können, die diese bitter nötig haben.

Wer ist also Schuld daran, dass ich im Steinbruch Osterholz meine Fitness nicht herausfordern, an meine eigenen Grenzen gehen und ein bisschen Spaß haben konnte? Die Stadt Wuppertal, denn sie hat aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen ein Event abgesagt, das sonst immer genauso stattgefunden hatte und mit dem es anscheinend nie Probleme gab.

Aber fast noch schlimmer finde ich, dass ich nicht einfach sofort von diesem Bullshit erfahren habe und mich dann über die Stadt ärgern konnte und gut ist. Weil irgendein Manager bei Xletix nämnlich entschieden hat, dass ich erst mal wie ein Champignon behandelt werde. Was dazu geführt hat, dass ich mich noch einige Tage länger ärgerte und unnötig Lebenszeit damit verschwendet habe, herauszufinden, was denn nun eigentlich Phase ist. Herzlichen Glückwunsch, ihr schenkt euch alle nicht viel. Und am Ende guckt mal wieder der einfach Bürger und Kunde in die Röhre, der nur ein bisschen Spaß haben wollte ohne irgendwem etwas Böses zu wollen.

Nachtrag: Xletix hat übrigens versprochen, dass wir unser Geld zurückbekommen und uns eine Frist gestellt, bis zu der wir entscheiden sollen, ob wir unser Geld zurück wollen (auf jeden Fall) oder die Tickets in einen Gutschein für weitere Events umwandeln. Leider ist die versprochene E-Mail, in der die Details dazu stehen sollen, wie man das macht, bisher nicht eingegangen. Erst hieß es, “in wenigen Tagen” komme eine Mail. Dann hieß es, diese Mail verzögere sich “wegen technischer Probleme”. Bisher habe ich keine Informationen dazu, wie genau ich mein Geld zurückbekommen kann.

  Wolltest du auch bei der Challenge mitlaufen und hast vielleicht Geld für die Reise und das Hotel in den Sand gesetzt? Oder hast du sonst einen Kommentar zu diesem Beitrag? Dann kommentiere das Thema doch in meinem Forum.

Aufmacherbild: Teilnehmer bei der Xletix Challenge NRW 2019 (Foto: Xletix GmbH)


  1. Propaganda und Public Relations sind ein und dasselbe. Siehe dazu auch Propaganda von Edward Bernays, dem Vater beider Disziplinen. ↩︎