Heute gelernt: Das moderne Wort Reise geht aus dem mittelhochdeutschen Begriff für “bewaffneten Feldzug” hervor. Ursprünglich bezeichnete man so die Kreuzzüge unter Schirrmherrschaft des Deutschen Ordens gegen die heidnischen Litauer, die sogenannten “Preußenfahrten”, einer Art Mord- und Todschlags-Tourismus im 14. Jahrhundert.
Zwischen 1305 und 1409 lassen sich rund 300 dieser Unternehmen nachweisen.
Der für die Feldzüge verwendete Begriff reysa ging in die westeuropäischen Sprachen ein, und für viele französische, englische oder niederländische Große gehörte es zum Ideal eines Ritters, einmal an einer «Preußenreise» teilgenommen zu haben. Der Orden förderte dies durch die Ausbildung von Ritualen. Schon die gesamte Anreise war durch Feste und Zeremoniell gekennzeichnet, insbesondere der Aufenthalt auf der Marienburg. Den Höhepunkt bildete jedoch der nach den Kämpfen in Königsberg veranstaltete «Ehrentisch», für den von den anwesenden Herolden zwölf Ritter ausgewählt wurden und der wohl an die legendäre Tafelrunde König Arthurs anknüpe. Der Teilnehmer an den Litauerreisen wurde zudem durch Gedächtnisinschrien, Wappentafeln und bildliche Darstellungen gedacht, die im Königsberger Dom außerhalb des Chors angebracht waren.
Die Preußenreisenden mussten für die Kosten selbst auommen und trugen so bei längerem Aufenthalt – mit Ausgaben für Herbergen, Nahrung und Anderes – auch zum Aufschwung Preußens bei.
— Jürgen Sarnowsky, Der Deutsche Orden (2007)