Deutschland wählt
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Morgen wird es ein jähes Erwachen bei denen geben, die seit Monaten konsequent die Realität im Lande ignorieren.
Wir haben in Deutschland gerne die Angewohnheit, den Amerikanern Dinge nachzumachen — meist so fünf bis zehn Jahre später. Wir reden zwar gerne darüber, wie verrückt und dumm die Amis sind, in Wirklichkeit kommen aber fast alle unsere Trends von da drüben — in der Mode, bei technischen Entwicklungen und auch in der Politik. Weil wir Deutsche uns aber gerne selbst als viel innovativer und schlauer halten, als wir es in Wirklichkeit sind, reden wir uns allerdings gerne ein, dass dem nicht so ist. Selbst das Internet — und mit ihm die Möglichkeit, viel mehr über die Trends in den USA zu erfahren — hat dieser Praxis kein Ende gesetzt. Ich denke, viele verstecken sich hinter der Sprachbarriere, selbst wenn sie genug Englisch können und eigentlich die Wahrheit sehen müssten.
Ich beobachte dieses Phänomen, seit ich das erste Mal die Webseite des damals in Popularität rasant steigenden sozialen Netzwerks StudiVZ besuchte. Könnt ihr euch not an StudiVZ erinnern? Das muss so 2008 gewesen sein. Ich habe damals hauptsächlich Facebook benutzt und mir fiel sofort auf, dass StudiVZ eine dreiste Kopie war. Bis hin zum Layout der Webseite, welches sogar Teile des Facebook-Quellcodes übernahm — man hatte einfach alle dunkelblauen Elemente rot eingefärbt. Wir Deutschen haben also ein paar Jahre nach Facebook einfach das Konzept von Facebook Eins-zu-Eins kopiert.
In den darauf folgenden Jahren fiel mir immer wieder auf, dass deutsche Firmen im Tech-Bereich sehr oft amerikanische Vorbilder kopierten, die hierzulande einfach weniger bekannt waren. Das entwickelte sich regelrecht zu einer Spezialität der deutschen Internet-Wirtschaft. Seit ich als Tech-Journalist arbeite, habe ich immer wieder in Artikeln auf diesen Trend hingewiesen; auch wenn viele meiner deutschen Leser das nicht gerne hören wollten. In den letzten zehn Jahren ist mir darüber hinaus allerdings klar geworden, dass sich dieses Phänomen nicht nur auf den Tech-Sektor beschränkt, sondern über die gesamte Gesellschaft erstreckt. Und unter denen, die den Amerikanern gerne alles nachmachen, sind meine Berufsgenossen in den Medien ganz vorne mit dabei.
Die AfD ist der deutsche Donald Trump
Die deutsche Presse wiederholt zum Beispiel gerade die Fehler ihrer amerikanischen Kollegen der vergangenen zehn Jahre. Die Leitmedien in den USA haben es zweimal geschafft, dass Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewinnt. In ihrer grenzenlosen Dummheit haben sie die Propaganda zu Trump verbreitet, die ihnen die mächtigen, dem Status Quo verschriebenen Eliten untergeschoben haben. Hanebüchener Blödsinn, wie die Behauptung, Trump sei ein russischer Agent oder dass er ein schlechterer Mensch sei als die Obamas und Clintons dieser Welt. Kriege beenden zu wollen war auf einmal etwas bösartiges und die offensichtlich frei erfundene Behauptung, Trump wolle die Demokratie abschaffen, wurde aufrecht erhalten, selbst nachdem er, genau wie jeder andere Präsident vor ihm, nach der Wahlniederlage das Amt verlies.
Jeder halbwegs intelligente Beobachter mit etwas gesundem Menschenverstand konnte sehen, dass diese Berichterstattung mehr auf politischen Motivationen als auf Fakten beruhte. Aber das war meinen Kollegen in den US-Medien egal. Selbst nach dem ersten Scheitern dieser Propaganda-Kampagne im Wahljahr 2016, machten sie im vergangenen Jahr einfach den selben Fehler noch einmal. Und zweimal war dann die Überraschung groß, als sich herausstellte, dass mindestens die Hälfte der Wählerschaft den Schwachsinn durchschaut hatte, der da verbreitet wurde.
Die deutsche Presse macht seit Monaten das Selbe mit der AfD. Da werden schrecklich demokratiefeindliche Konzepte wie eine “Brandmauer” gegen eine legitime demokratische Partei als etwas verkauft, was die Demokratie retten soll. Die AfD und ihre potentiellen Wähler werden als rechtsextrem verschrien, obwohl das AfD-Parteiprogramm das überhaupt nicht hergibt. Ich denke, das liegt auch daran, dass meine Kollegen in den Leitmedien, die diesen Mist verzapfen, viel zu faul sind, Wahlprogramme komplett zu lesen. Zugegeben, das der AfD ist zu lang, schlecht geschrieben und in manchen Punkten gänzlich lachhaft oder auch schon mal ein bisschen zu radikal, aber die beiden letzten Punkte treffen auf das Programm der Linken auch zu. Und das Programm der Grünen ist ähnlich lang und in vielen Punkten noch lachhafter.
Wer sich, altmodischerweise, allerdings dann doch durch das Programm der AfD kämpft, wird feststellen, dass die Vorwürfe von Seiten der Presse und der gescheiterten Ampel-Regierung völlig haltlos sind. Das sagt einem ja auch schon der gesunde Menschenverstand. Wir haben in Deutschland schließlich unvergleichlich strenge Regeln gegen Parteien, die demokratiefeindlich sind. Was in der Vergangenheit natürlich auch schon zum Verbot wirklich rechtsextremer Parteien geführt hat. Auf Basis des Grundgesetzes die Einwanderung einzuschränken, Straftäter abzuschieben und islamischen Organisationen Rechte abzusprechen, die ihnen das Grundgesetz nicht garantiert, ist aber nicht rechtsextrem. Und wenn die MLPD im vergangenen Bundestagswahlkampf damit davongekommen ist, auf Plakaten zur Revolution aufzurufen — also per Definition zum gewaltsamen Umsturz unseres demokratischen Staatsgefüges — dann können die Forderungen der AfD wohl kaum demokratiefeindlicher sein.
So wenig mir diese Ziele der AfD gefallen, sie sind nicht rechtsextrem und untergraben auch nicht den Rechtsstaat. Ganz im Gegenteil, das Wahlprogramm dieser Partei als Ganzes erscheint mir deutlich demokratiefreundlicher und rechtsstaatlicher als die Regierungspraxis der Ampel in den vergangenen Jahren, die sich bei mir vor allem mit Einschränkungen der Meinungsfreiheit, verfassungswidrigen Haushaltstricks und dreckigen Methoden gegen die Parteien, die ihnen am wahrscheinlichsten die Stimmen abnehmen werden, hervorgetan hat.
Brandmauern schützen nicht vor der Realität
Es ist offensichtlich, dass morgen hier in Deutschland etwas ähnliches passieren wird, wie 2016 und 2024 in den USA: Die Masse der Wähler, die der Presse und einer kompetenzlosen Regierung ihren ewigen Bullshit schon lange nicht mehr abnimmt, wird an der Wahlurne eine deutliches Zeichen setzen. Und meine Kollegen in der Presse werden wieder aus allen Wolken fallen, obwohl das Ganze seit Monaten für jeden mit auch nur ein bisschen gesundem Menschenverstand deutlich vorherzusehen ist. Ich persönlich tippe auf eine CDU/CSU/AfD-Regierung. Vielleicht als Minderheitsregierung unter Duldung aller Nicht-Ampel-Parteien.
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Die Zeit kann ja morgen abend einfach diese Überschrift recyclen. Der Zenit der Peinlichkeit war damit eh erreicht, jetzt kann man seine Faulheit dann auch gleich offen zur Schau stellen…
Da ich selbst klar für Einwanderung bin — solange sie unter vernünftigen Umständen und mit einem klaren Plan des Staates und mit einer Perspektive für die Zukunft stattfindet — werde ich die AfD nicht wählen. Zumal mir diese Partei zu kinderfreundlich ist. Als jemand, der keine Kinder hat und keine Kinder will, werden da einfach die falschen Interessen prioritisiert. Ich kann aber auch keine Parteien der Ampel wählen, denn ich sehe diese Regierung eindeutig als schlechteste an, die Deutschland je hatte.
Es sollte aber morgen niemand überrascht sein. Ein massiver Gewinn der AfD kündigt sich seit Monaten an und ist auch verständlich; vor allem die Presse hat ihn mit verschuldet. Wir leben in einem Informationszeitalter — das scheinen meine Kollegen noch nicht kapiert zu haben. Stupide Propaganda wirkt da nicht mehr auf die Masse. Wenn man konsequent die Lebensrealität der Menschen ignoriert, führt das einfach dazu, dass man jegliche Glaubwürdigkeit verliert. Das gilt für die Ampel-Regierung genau wie für die Presse, die deren Bullshit unkritisch nachgeplappert hat. Deswegen suchen sich die Menschen momentan Alternativen — sowohl zur herkömmlichen Presse, als auch zu den Ampel-Parteien.
Und wehe uns, wenn die ausgehende Regierung — oder gar die Presse — morgen dieses Ergebnis nicht anerkennt. Dann ist die Demokratie wirklich in Gefahr. Ich sehe das genau wie US-Vize J.D. Vance: Es gibt keine “Brandmauer”. Und wer Wahlergebnisse leugnet oder legitimen Parteien ihre Stimmen oder gar den Sieg absprechen will, ist der wirkliche Demokratiefeind. Zur Demokratie gehört es, unangennehme, dumme und vielleicht sogar gefährliche Meinungen zu akzeptieren. Und zur Demokratie gehört es auch, den Sieg solcher Meinungen an der Wahlurne hinzunehmen. Das ist nicht verhandelbar.