Compact-Verbot aufgehoben
Dass dieses Verbot überhaupt angestrebt, und dann auch noch durchgesetzt wurde, ist ein Schlag ins Gesicht der Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Land. Jeder Journalist, der von Anfang an nicht ohne Wenn und Aber gegen diese Entscheidung war, ist eine Schande (und eine Gefahr) für seinen Berufsstand.
Darüber hinaus sehe ich dieses Urteil, genau wie Hadmut Danisch, als guten Grund als freier Journalist alleine zu arbeiten. Das hat zwar auch viele Nachteile, unter anderem auch juristische, aber wenigstens ist dann das Vereinsrecht nicht auf mich anwendbar.
Was das BVerwG da über Compact sagt, nämlich dass deren GmbH nicht nur “ein Presse- und Medienunternehmen” sei, sondern auch “nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda” verfolgt, trifft meiner Meinung nach auch auf eine Menge anderer Medien in diesem Land zu. Mal abgesehen von offensichtlichen Beispielen wie Taz, Emma oder dem Greenpeace Magazin sind da auch Leitmedien wie Der Spiegel oder Die Zeit betroffen. Jeder Leser der nicht komplett naiv ist, kann bei diesen Publikationen ganz klar eine politische Leitlinie ausmachen und diese Redaktionen haben in den letzten Jahren immer offener ausgesprochen, dass sie auch schon mal eine politische Agenda verfolgen. Mir fallen da Beispiele vom Klimaschutz bis hin zur Pandemie ein.
Mit diesen politischen Richtungen mögen viele Leser übereinstimmen, aber Angesichts dieses Urteils müssen sich diese Journalisten nun sehr hüten, keine Aussagen zu treffen, die als verfassungsfeindlich aufgefasst werden könnten. Und solche Aussagen können nicht nur aus dem rechten Umfeld kommen. Linke rufen gerne schon mal zur Revolution auf und unterschlagen dabei, dass damit in der Regel ein gewaltsamer Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung gemeint ist. Und auch Greta Thunberg wurde vor ein paar Jahren auf vielen Magazinseiten für Aussagen gefeiert, die nahelegten, man musse den Klimawandel im Zweifel am Rechtsstaat vorbei bekämpfen.
Wäre es statt solcher Verbote nicht doch besser, die Presse- und Meinungsfreiheit überhaupt nicht anzugreifen? Dann können alle Seiten sich frei äußern und der mündige Bürger kann selbst entscheiden. Ist das nicht eher im Sinne der Verfassung? Sind solche Verbote nicht letztendlich selbst verfassungsfeindlich?
BVerwG: Bundesverwaltungsgericht hebt COMPACT-Verbot auf
Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 5. Juni 2024 ausgesprochene Verbot der COMPACT-Magazin GmbH und ihrer Teilorganisation, der CONSPECT FILM GmbH, ist rechtswidrig. Das erst- und letztinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat es deshalb mit heute verkündetem Urteil aufgehoben.
Die Klägerin, die COMPACT-Magazin GmbH, gibt das monatlich erscheinende “COMPACT-Magazin für Souveränität” heraus und ist im Internet präsent. Neben einer eigenen Webseite mit einem Onlineshop veröffentlicht sie über ihren YouTube-Kanal in verschiedenen Rubriken fernsehähnliche Beiträge. Vor allem erscheint dort werktäglich eine Nachrichtensendung. Über die journalistische Tätigkeit hinaus organisiert die Klägerin Veranstaltungen und Kampagnen. Im Wahljahr 2024 tourte sie mit einer Bühne unter dem Slogan “Die blaue Welle rollt” durch verschiedene Bundesländer.
Mit der Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 stellte das BMI unter Berufung auf Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, § 17 Nr. 1 Var. 1 VereinsG fest, dass die Klägerin und ihre Teilorganisation sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, deshalb verboten würden und aufgelöst seien. Zur Begründung führte das BMI an, die Vereinigung lehne nach ihren Zwecken und ihrer Tätigkeit die verfassungsmäßige Ordnung ab und weise eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf. Dies komme u. a. in zahlreichen Beiträgen des monatlich erscheinenden Magazins zum Ausdruck.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Vereinsgesetz anwendbar. Bedenken hieran ergeben sich weder aus der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in der die Klägerin organisiert ist, noch aus dem Umstand, dass es sich bei ihr um ein Presse- und Medienunternehmen handelt.
Die von Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit von Meinung, Presse und Medien steht der Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen nicht entgegen. Der Bedeutung dieser grundrechtlichen Gewährleistungen ist vielmehr bei der Rechtsanwendung im Einzelfall Rechnung zu tragen. Mit einem auf Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 VereinsG gestützten Vereinsverbot gegen ein Presse- und Medienunternehmen darf der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unterlaufen werden. Entgegen der klägerischen Rechtsauffassung ist weder das Verbot der Vorzensur (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG) betroffen noch ist der dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Ausspruch einer Grundrechtsverwirkung (Art. 18 GG) ein gegenüber dem Vereinsverbot vorrangiges Instrument des präventiven Verfassungsschutzes.
Die Anwendung des Vereinsgesetzes auf die Klägerin erweist sich schließlich auch mit Blick auf den Gesetzeszweck als gerechtfertigt. Denn bei der Klägerin, die uneingeschränkt den Schutz der grundrechtlichen Medienfreiheiten genießt, handelt es sich nicht nur um ein Presse- und Medienunternehmen. Vielmehr verfolgt der maßgebliche Personenzusammenschluss nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet.
Das Grundgesetz garantiert jedoch im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit. Es vertraut mit der Vereinigungsfreiheit grundsätzlich auf die freie gesellschaftliche Gruppenbildung und die Kraft des bürgerschaftlichen Engagements im freien und offenen politischen Diskurs. Deshalb ist ein Vereinsverbot mit Blick auf das das gesamte Staatshandeln steuernde Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur gerechtfertigt, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen.