Wahl digital

Immer, wenn in Deutschland mal wieder eine Wahl ansteht, fordern selbsternannte Digitalisierungs-Experten, dass wir doch endlich die Wahl am Computer einführen.

Foto: Mika Baumeister

Hinweis
Dieser Text wurde ursprünglich am 14. September 2021 im Rahmen meiner Kolumne Digital Total veröffentlicht, welche jeden Dienstag in der Ostfriesen-Zeitung erscheint. → Archiv mit allen “Digital Total”-Kolumnen

Im Englischen gibt es ein bekanntes Sprichwort, was mir immer wieder in den Sinn kommt, wenn in Deutschland mal wieder Wahlen anstehen: If it ain’t broke, don’t fix it – Wenn etwas nicht kaputt ist, versuch es nicht zu reparieren. Was das mit Wahlen zu tun hat? Nun, als jemand, der sich intensiv sowohl mit Digitalisierung als auch mit IT-Sicherheit beschäftigt, ist mir schon vor Jahren etwas aufgefallen. Immer, wenn in Deutschland mal wieder eine Wahl ansteht, fordern selbsternannte Digitalisierungs-Experten, dass wir doch endlich die Wahl am Computer einführen. Das soll die demokratische Bürgerpflicht erleichtern und würde angeblich dazu führen, dass mehr Menschen wählen gehen. Ob das wirklich so ist, sei dahingestellt.

Was mir dann meist zur selben Zeit auffällt, ist Panikmache in den Nachrichten, dass der große Hack unserer Demokratie kurz bevorsteht. Da wird mir dann erklärt, wie böse Hacker – meist sind es Russen im Auftrag von Vladimir Putin persönlich – versuchen, unsere Wahlen zu manipulieren. Was niemandem aufzufallen scheint ist, dass unser aktuelles Wahlsystem die beste Verteidigung gegen Manipulationen aus dem Cyberspace ist. Da wir schön altmodisch auf Papier wählen, können wir im Fall eines digitalen Angriffs dieses Papier zur Hand nehmen und noch einmal nachzählen. Im Zweifel mit Stift und Notizblock; wir bräuchten dazu also nicht mal Computer. Ging ja früher auch ohne.

Deswegen ist mir völlig schleierhaft, wie man gleichzeitig fordern kann, die Wahl zu digitalisieren und dann im selben Atemzug auf einmal Angst vor Hackerangriffen bekommt. Nicht alles, was neu ist, ist auch besser. Manchmal sind die altmodischen Dinge einfach neuen Ideen überlegen. Wer faul ist, kann ja per Brief wählen. Das mache ich schon seit der Bundestagswahl 2002 so. If it ain’t broke, don’t fix it.