Lernen statt Löschen

Momentan kommt mir oft der Gedanke, dass viele von uns vergessen haben, wie gut wir es haben. Und wie schwer es in früheren Zeiten war, an Informationen zu kommen.

Foto: NASA

Hinweis
Dieser Text wurde ursprünglich am 12. Oktober 2021 im Rahmen meiner Kolumne Digital Total veröffentlicht, welche jeden Dienstag in der Ostfriesen-Zeitung erscheint. → Archiv mit allen “Digital Total”-Kolumnen

In den späten Achtzigern und frühen Neunzigerjahren, als ich mit der ersten Heimcomputer-Technik aufgewachsen bin, waren IT-Systeme viel weniger nützlich als heutzutage – denn es gab kein Internet, jedenfalls nicht für den normalen Heimanwender. Wissen musste man sich damals noch aus Magazinen und Büchern anlesen. Als ich dann ins Gymnasium kam, hielt das Internet Einzug in unser aller Leben. Damals, in der Schule, wurde uns das Internet als größte Errungenschaft der Menschheit angepriesen. Ein neues Zeitalter hätte begonnen, sagten meine Lehrer damals: Das Informationszeitalter.

Ich denke bis heute, dass das Internet eine großartige Errungenschaft ist. Das Wissen fast der gesamten Menschheit ist nur wenige Mausklicks entfernt. Man kann auf so einfache Weise so viel Lernen. Und dieser Tage braucht man dazu nicht mal einen Schreibtisch, man hat sogar unterwegs mit dem Smartphone dieses Wissen immer dabei. Momentan kommt mir oft der Gedanke, dass viele von uns vergessen haben, wie gut wir es haben. Und wie schwer es in früheren Zeiten war, an Informationen zu kommen.

Heute wird das Internet sehr oft verteufelt. Das liegt meist daran, dass wir nun erkennen, dass Zugang zu allen Information nicht nur Zugang zu allen Fakten bedeutet. Uns wird dieser Tage oft vor Augen geführt, wie wenig unseres Wissens und unserer Wissenschaft sich als unverrückbare Fakten klassifizieren lässt und wie viel davon am Ende doch nur Hypothese und Meinung ist. Daher kommt wohl auch der starke Drang, Hypothesen und Meinungen die uns nicht passen, oder die wir für gefährlich halten, aus dem Netz löschen zu wollen. Gerade ist dies wieder besonders im Gespräch, dank der Anhörung der Facebook-Whistleblowerin im US-Parlament.

Ich denke, wir sollten uns weniger aufs Löschen von Desinformation konzentrieren und mehr Zeit damit verbringen, den Wissensschatz des Internets zum Lernen zu nutzen. Je mehr wir lernen, desto einfacher ist es auch, Desinformationen zu entlarven.