Wacken liegt nicht in Neuland
Warum habe ich eigentlich auf einem Acker am Arsch der Welt besseren Handy-Empfang als zu Hause in der Großstadt?

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Die vergangene Woche habe ich mal wieder auf einem Acker in Schleswig-Holstein verbracht. Wie auch schon 2019 und 2024 war ich beim Wacken Open Air. Was mir dabei dieses Mal besonders aufgefallen ist: der exzellente Handy-Empfang. Die Organisation dieses Festivals fand ich schon 2019 einfach großartig und sie hat sich seitdem nur noch verbessert. Nach allem, was ich so in Erfahrung bringen konnte, ist sie anderen Festivals dieser Größe haushoch überlegen. Aber die Mobilfunkanbindung hat mich dieses Mal wirklich geflasht. Ich hatte sowohl beim Campen auf dem Acker, als auch vor den Bühnen, deutlich besseren Handy-Empfang als bei mir zu Hause im Garten mitten in Düsseldorf. Und das betrifft nicht nur den angezeigten Funkempfang, denn auch die Datenraten beim Versenden von Fotos oder Videos und beim Download und Streamen von Musik auf das Smartphone war deutlich besser, als ich es aus deutschen Großstädten gewohnt bin.
Und es ist ja nicht so, als ob da wenig los ist. Auf dem Acker im Nirgendwo von Schleswig-Holstein sind schließlich knapp 120.000 Menschen1 und viele von Ihnen haben ständig ihr Handy in der Hand und kommunizieren mit anderen Festival-Teilnehmern und Freunden und Verwandten in der ganzen Welt. Metal-Fans sind nämlich größtenteils Nerds. Das macht Wacken laut Vodafone zum Festival mit dem umfangreichsten mobilen Datenverkehr: dieses Jahr waren es 102 Terabyte an den vier offiziellen Festivaltagen.
Auf der vergleichsweise kleinen Fläche des Festivals benötigt es da schon eine ziemlich seriöse Infrastruktur, um eine gute Verbindung für die Geräte der Teilnehmer zu garantieren. Dass diese gegeben ist, ist an sich gar nicht überraschend, da das Wacken Open Air vor einigen Jahren komplett aufs bargeldlose Bezahlen umgestellt hat. Seitdem zahlen die Teilnehmer für alles auf dem Festivalgelände (Essen, Trinken, Merchandising-Artikel) mittels eines NFC-Chips, der am Festivalbändchen befestigt ist. Dieser wird vor Ort von den Mitarbeitern der Stände mit speziell dafür bereitgestellten Smartphones gescannt und das Geld wird vom Prepaid-Konto des Besuchers abgezogen. Damit das funktioniert, brauchen diese Geräte zwingend eine Handy-Datenverbindung, da auf dem Festival-Gelände die Versorgung mit WLAN logistisch ziemlich unmöglich ist. Um diese Handy-Datenverbindungen, und auch die der Besucher, zu gewährleisten, sind auf dem ganzen Festivalgelände überall mobile Mobilfunk-Basisstationen stationiert.
Was mir die Erfahrung der vergangenen Woche sagt, ist, dass wir in Deutschland Mobilfunkinfrastruktur dann doch ziemlich gut können, wenn wir nur wollen. Wenn das auf einem Acker im Nirgendwo so gut funktioniert, gibt es eigentlich keine Ausrede dafür, dass das Netz in anderen Teilen des Landes zum Teil so schlecht ist. Vodafone, die Telekom und Telefónica können sowas schon leisten, wenn sie nur wollen. Was als Prestige-Projekt auf einem Metal-Festival funktioniert, würde im nächsten Bauernkaff oder auch hier in Düsseldorf (immerhin die Heimat von Vodafone in Deutschland) auch funktionieren. Der einzige Grund, warum dem nicht so ist, sind die Firmen selbst. Man stellt halt den Profit über die Kundenzufriedenheit. Wenn mir nächstes Mal einer was von Neuland erzählt, werde ich also einfach mit Wacken kontern. Wir können schon, wir wollen nur nicht.
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Offiziell wurden diesmal 85.000 Karten verkauft, aber aus Veranstalter-nahen Quellen ist bekannt, dass die eigentliche Teilnehmerzahl immer deutlich höher ist, da es eine Menge Tickets gibt, die nicht dem normalen Verkauf zugerechnet werden. Knapp 120.000 gescannte Eintritts-Tickets ist die Zahl, die mir dieses Mal aus mehreren glaubhaften Quellen berichtet wurde. ↩︎