Gut gemachte Science-Fiction ist anderen Literatur- und Film-Genres überlegen, weil sie ethische und moralische Fragen anspricht, die auch Jahrzehnte später, wenn das Werk längst veraltet ist, noch relevant sind. Unser heutiges Beispiel kommt aus der ‘90er-Jahre-Serie SeaQuest DSV.

In einer der ersten Folgen der Science-Fiction-Serie SeaQuest DSV aus dem Jahr 1993 findet die Besatzung des futuristischen U-Bootes die Bibliothek von Alexandria auf dem Meeresboden. Die Folge spielt in der “nahen Zukunft” – genaugenommen 2018. Sofort beginnen alle Völker, deren Vorfahren Artefakte in der Bibliothek hinterlassen haben, sich um deren Hinterlassenschaften zu streiten. Bei den Verhandlungen wird SeaQuest-Captain Bridger von einer Familie psi-sensitiver Berater unterstützt, die ursprünglich aus der Sowjetunion stammen.

Zuerst bescheren die Gedankenleser Bridger eine Reihe von Erfolgen bei den Verhandlungen um die archäologischen Schätze, doch dann fällt alles auseinander und Bridger muss feststellen, dass der Anführer der Gruppe die Friedenskonferenz aktiv sabotiert. Als Bridger ihn zur Rede stellt, erzählt er vom Leben unter dem Sowjetregime und wie er und seine Familie dazu gezwungen wurden, dem Staat mit ihren besonderen Fähigkeiten zu dienen. Dann erklärt er, dass es der Familie nicht viel besser ergeht, seit sie in Nordamerika leben und für die United Earth Oceans Organization arbeiten. Genau wie die Sowjets klingelt auch die UEO regelmäßig nachts bei den Psionikern an und zwingt sie, bei Geiselnahmen oder ähnlichen Krisen auszuhelfen. Obwohl sie froh sind, anderen Menschen helfen zu können, fühlt die Familie sich ob ihrer spezieller Fähigkeiten von der Gesellschaft versklavt.

Bridger hört sich das alles verständnisvoll an und verspricht schließlich, der Familie zu helfen. Aber vorher sagt er dem psi-affinen Berater etwas sehr schlaues. Nachdem er ihm erklärt hat, dass die UEO kein faschistisches Regime ist und der Mann und seine Familie das Recht haben, die Hilfsgesuche der UEO-Beamten abzulehnen, sagt er:

“Freedom is a muscle. You have to exercise it.”

Zu Deutsch: Freiheit ist ein Muskel, den man trainieren muss.

Ich habe diese Folge am letzten Wochenende gesehen und denke seither immer wieder darüber nach. Was der unnachahmliche Roy Schneider in seiner Rolle als Captain Bridger da sagt, ist sehr wahr. Wenn man seine Freiheiten nicht nutzt, vergisst man, dass man sie hat. Ich habe das Gefühl, dass gerade die halbe Menschheit zu Hause eingeschlossen rumsitzt und aus Angst vor einem Virus ihre Freiheiten vergisst. Unser Freiheitsmuskel atrophiert. Und das kann unmöglich gut sein.