Warum ist es cool, wenn Helden im Fernsehen skeptisch gegenüber Autoritäten sind, aber in der Realität verabscheuen die selben Leute, die das cool finden, dieses Verhalten? Was ist da los?

Ich denke in letzter Zeit viel über das Verhältnis zwischen meiner Fernsehunterhaltung und der Realität nach. Vor allem, was den ganzen Science-Fiction-Nerd-Kram angeht, den ich so sehe. Und dabei kommt immer wieder eine Frage hoch: Wieso mögen die ganzen Nerds, die ich kenne, eigentlich Serien-Charaktere, die fast ausnahmslos badass-antiautoritäre Rebellen sind und in der Realität sind sie dann selber so obrigkeitshörig, wie’s nur geht? Woran liegt das?

Mögen diese Leute diese Charaktere, weil sie selber gerne so wären, aber es sich in der Wirklichkeit nicht trauen? Finden sie dieses Verhalten nur erstrebenswert, so lange eigentlich nichts auf dem Spiel steht? Irgendwie sehe ich da eine Parallele zu den ganzen Hollywood-Schauspielern, die seit Jahrzehnten damit reich werden, eben diese antiautoritären Rebellen zu verkörpern und die uns jetzt sagen, wir sollen doch bloß auf die Regierung hören. Was ist da los? Wie passt das zusammen?

Warum stehen wir, wenn wir die Vergangenheit in Kunst und Unterhaltung verarbeiten, Regierungen, und deren über den Köpfen ihrer Bürger getroffenen Entscheidungen, gegenüber äußerst skeptisch gegenüber aber vertrauen den Regierungen und ihren Entscheidungen in der Gegenwart? Schröders Innenpolitik wurde ihm erst nach seinem Abtreten zum Verhängnis. Werden wir das gleiche mit Merkel erleben?

Warum bejubeln Nerds die von tiefem Misstrauen gegen Regierungen und Politiker gekennzeichneten Reden eines Malcolm Reynolds oder James Holden und verabscheuen dann in der Realität lautstark jeden, der sich kritisch gegen Regierungsmaßnahmen äußert? Wie kann man auf der einen Seite der Drumhead-Rede von Captain Picard applaudieren und auf der anderen jegliche Kritik an Pandemie-Maßnahmen auf Twitter niederschreien?

Glaubt ihr wirklich, Mal Reynolds hätte sich von der Allianz vorschreiben lassen, was er zu seiner eigenen Sicherheit im Gesicht zu tragen hat?

Oder dass James Holden nach seinem Ausflug auf Eros nen Lockdown der UN oder MCRN wegen was Harmloserem als mindestens Ebola über sich hätte ergehen lassen?

Mal ist ein gesuchter Krimineller weil er kein Bock hat, das zu tun was die Regierung für vernünftig hält. Und Holden hat den Marsianern ne Fregatte geklaut und nicht wieder zurückgegeben, weil ihm seine Freiheit wichtiger ist, als das, was Politiker für das Schlauste halten und er sich von deren Entscheidungen so unabhängig wie möglich machen will. Das Lustige ist (nicht wirklich), dass die Leute, die diese Geschichten geschrieben haben, natürlich jetzt auch auf Seiten der Obrigkeit sind. Die Realität schreibt schon die besten Drehbücher, das muss man ihr lassen.

Trotzdem finde ich, ihr müsst euch jetzt entscheiden. Entweder ihr findet so Leute wie Mal und Holden cool, dann müsst ihr aber auch Menschen, die in der Realität nach ihren Prinzipien leben, respektieren. Oder ihr denkt, dass ihr zu erwachsen für solches Verhalten seid. Dann könnt ihr aber auch kein Spaß mehr bei solchen Serien haben. Die dritte Möglichkeit ist natürlich, dass ihr überhaupt nicht reflektiert, wie ihr so durchs Leben geht. Und die wird wohl von der Mehrheit der Menschheit gerade in Anspruch genommen…

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