Der Journalismus ist online nicht am Ende, unsere Reise hat gerade erst begonnen.

Seit meiner letzten Kolumne habe ich viel über die anstehende EU-Urheberrechtsreform und da Urheberrecht im Allgemeinen nachgedacht und auch darüber geschrieben. Was mich dabei am meisten bewegt, ist die Zukunft des Journalismus …und des Internets.

Ich bin seit 1998 im Netz unterwegs – seit meine Eltern einen ISDN-Anschluss bekamen und damit auch die Computer in unserem Haushalt vernetzten. Ich verdanke dem Netz so viel von dem, was ich in meiner Jugend und danach gelernt habe. Ich habe im Netz viele Freundschaften geschlossen und ein großer Teil meiner Freizeit dreht sich um Podcasts, die ich mit Menschen produziere, die hunderte oder tausende Kilometer entfernt sind. Das wäre ohne das Internet alles nicht möglich. Viele der Videospiele, die mich am meisten erfreuen, funktionieren nur online und viele der Kontakte, die ich beim Spielen geknüpft habe, halte ich über Chat-Systeme und Messenger aufrecht. Meinen ersten Job als Journalist habe ich über Twitter bekommen. Ist es da verwunderlich, dass ich schon immer mit jeder Faser meines Wesens Online-Journalist war?

Ich kann sehr wohl für Print schreiben und mache das auch ab und zu immer wieder gerne. Es macht mir Spaß. Aber dabei handelt es sich aber nicht um den Kern von dem, was ich unter Journalismus verstehe. Ich habe in der Vergangenheit immer wieder mit Kollegen zusammengearbeitet, die mit Herz und Seele Print-Journalisten waren und es immer noch sind. Ich habe auch mit solchen Kollegen zusammengearbeitet, die Print machen, weil Print das Geld rein bringt. Und ich habe mit einer Menge Kollegen zusammengearbeitet, die glauben, dass man mit Online-Journalismus kein Geld verdienen kann. Ich verstehe diese Menschen nicht. Sie müssen unter gründsätzlich verschiedenen Umständen aufgewachsen sein als ich. Ich verstehe auch diejenigen meiner Kollegen nicht, die den Journalismus tot reden.

Meine Branche befindet sich momentan in der Krise. Das kann man nicht abstreiten. Aber ich glaube fest daran, dass es eine temporäre Krise ist, aus der unweigerlich ein Ausweg führen wird. Wir müssen Wege finden, Menschen dazu zu bewegen, online Geld für guten Journalismus auszugeben. Und das wird unweigerlich auch passieren. Denn Menschen wollen nach wie vor Nachrichten, sie wollen Journalismus. Menschen wollen informiert werden.

Die Neugier ist eine unumgängliche Konstante des menschlichen Lebens, seit wir die Höhlen verlassen und das erste Mal über die Steppen gewandert sind. Und eine ebenso unumgängliche Konstante ist der Fortschritt. Wer sich einmal an Nachrichten mit der Geschwindigkeit der Druckerpresse gewöhnt hat, der will nicht mehr zurück zu Mönchen, die Manuskripte von Hand kopieren. Und wer sich einmal seine Nachrichten von einer Webseite geholt hat, will nicht mehr zurück zur Print-Geschwindigkeit. Sicher, eine Generation gewöhnt sich an die Geschwindigkeit, mit der sie aufgewachsen ist, aber spätestens mit der nächsten Generation setzt sich der Fortschritt durch. Online-Journalismus ist der aktuelle Stand der Entwicklung. Und das heißt für mich, dass es der Stand der Entwicklung ist, auf dem ich arbeiten will, bis etwas Besseres (und Schnelleres) erfunden wird.

Wer aber denkt, nur weil sich die Geschwindigkeit ändert, ändert sich das Wesen des Menschen, der hat im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst. Wissen ist Macht und Nachrichten sind das aktuellste allen Wissens. Natürlich werden Menschen auch in Zukunft dafür bezahlen – denn Nachrichten haben Wert. Ob sie dafür direkt mit Geld, mit ihren Daten oder mit ihrer Aufmerksamkeit bezahlen, ist eigentlich egal. Solche Änderungen sind ebenfalls ist Teil des Fortschritts. Daran werden auch verwirrte, alte Politiker und tief eingegrabene, unbewegliche Interessengruppen nichts ändern. Oder fehlgeleitete EU-Urheberrechtsreformen.