Das Jahr war offensichtlich ein schlechtes. Aber auch aus schlechten Situationen kann man etwas Gutes machen, wenn man nicht aufgibt.

Im Sinne meiner im letzten Jahr begonnenen Tradition bringe ich euch hier heute meine Jahresrückblick-Kolumne für 2020. Dieses Jahr etwas früher als 2019, vor allem deshalb, weil ich bis Weihnachten noch echt viel zu tun habe und meine Kolumne hiermit für das Jahr abschließen will, um die dadurch gewonnene Zeit für Aufträge nutzen zu können. Dieses Jahr habe ich 36 Kolumnen veröffentlicht und liege damit etwas hinter den 39 Texten des ersten Jahres der Ausgefuchst-Kolumne. Angesichts der Umstände gar nicht schlecht, wie ich finde.

Das Jahr 2020 war offensichtlich ein Desaster. Ich glaube, wir brauchen uns da alle nichts vorzumachen. Mit der Pandemie wurde alles über den Haufen geschmissen. Ich bin wohl nicht der einzige, dessen Vorsätze fürs Jahr komplett für die Tonne sind. Mehr Geld verdienen? Ha, ha, ha. Wie witzig! Ich bin gerade froh, dass ich überhaupt Geld verdiene. Natürlich ist mir dieses Jahr echt viel Geld durch die Lappen gegangen. Und die “großzügigen” Hilfen des Bundes und der Länder deckten in meinem Fall nicht mal 5% der Ausfälle. Aber hey, ich bin froh, dass ich nicht, wie manche meiner Freunde, in der Event-, Hotel- oder Gastrobranche bin. Die Einkommen von meiner Frau und mir sind im Großen und Ganzen komplett pandemiesicher – Medizinforschung und guter Journalismus werden gerade, wenn überhaupt, eher mehr denn je gebraucht. Ich muss halt als Freiberufler generell nur als erster leiden, wenn es der Wirtschaft an den Kragen geht. Aber damit muss man rechnen, das ist der Preis der Freiheit.

Immerhin hab ich den Vorsatz mit dem Podcasten eingehalten. Zwar nicht mit dem Podcast, den ich Anfang des Jahres im Auge hatte, aber für meine neue Show The Private Citizen habe ich es geschafft, übers Jahr gesehen sogar mehr als eine Folge pro Woche zu veröffentlichen. Dass ich Anfang des Jahres einen Podcast über die Bedrohung unserer Privatsphäre ins Leben gerufen habe, war ein richtiger Glücksgriff. Denn dieses Thema hat im Zuge der allgemeinen Viruspanik auf unglaubliche Weise an Wichtigkeit gewonnen. Was ich Anfang Februar, als ich die erst Folge veröffentlichte, unmöglich hätte ahnen können. Alle anderen Vorsätze wurden, wie gesagt, von der Panikwelle weggespült. Ähnlich wie der Respekt vor Freiheitsrechten oder Privatsphäre. Und so habe ich meinen Handyakku übrigens immer noch nicht gewechselt.

Immerhin hat die ganze Aufregung meinem Blog gut getan. Die Leserzahl hat sich zum Vorjahr fast verdoppelt. Interessanterweise kommt ein Großteil der Besucher direkt auf mein Blog, ohne irgendwelchen Links gefolgt zu sein. Dementsprechend scheint meine Leserschaft, bei allem was ich aus meinen minimalistischen Statistiken herauslesen kann, extrem treu zu sein. Die weitmeisten meiner Leser sind übrigens aus den USA, halb so viele sind aus Deutschland und danach folgen mit einigem Abstand (aber fast gleichauf) das Vereinigte Königreich und China, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. Eine Aufstellung meiner Auftragsarbeiten aus diesem Jahr kann ich euch leider momentan nicht abliefern, da ich seit unserem Umzug im Oktober so viel Arbeit hatte, dass ich bisher keine Zeit hatte, dazu eine vernünftigen Überblick zusammen zu schreiben. Momentan geht einfach alles drunter und drüber.

Die wichtigste Errungenschaft für mich dieses Jahr war aber auch gar nicht beruflicher, sondern persönlicher Natur. Kurz nach Beginn des Jahres, und nachdem ich meine Vorsätze hier im Blog zusammengeschrieben hatte, verfestigte sich bei mir der Entschluss, einen weiteren Vorsatz zu fassen: Mich nicht mehr körperlich hängen zu lassen und endlich fit zu werden. Als im März der erste Lockdown begann, hatte ich auf einmal Zeit über. Zeit, die ich sonst mit Freunden bei sozialen Aktivitäten verschiedener Art verbracht hätte. Und da ich mir als Freelancer diese Zeit sehr flexibel einteilen und quer über den Tag verschieben kann, hab ich sie dann einfach dazu genutzt, zu joggen. Ende Mai habe ich dann auch öffentlich den Entschluss gefasst, mir dementsprechend selbst in den Arsch zu treten. Nach dem Umzug im Oktober habe ich mir schließlich einen Kickboxing-Sack im Büro aufgehängt und zum Joggen und Krafttraining kam so Boxtraining hinzu.

Das Ergebnis: Ich kann jetzt statt 6 km mit einem 8er Pace schon 14 km mit einem 6er Pace laufen. Und ich habe seit Ende letzten Jahres 12 kg verloren und ordentlich Muskelmasse aufgebaut. Einfach nur durch wirklich regelmäßiges Joggen und etwas Kraft- und Boxtraining. Meine Ernährung habe ich dabei in keinster Weise umgestellt. Und ich fühle mich super dabei. Besser, als je zuvor. Die Rückenschmerzen und Kreislaufprobleme, die mich während meiner Festanstellung regelmäßig plagten, gehören endgültig der Geschichte an.

Aber vor allem habe ich dabei eine wichtige Lektion gelernt: In Zeiten, in denen große Teile des eigenen Lebens komplett fremdbestimmten Änderungen unterlegen sind, sollte man nicht aufgeben und sich dem hingeben. Stattdessen kann man die Situation, so kaputt und verstörend sie auch sein mag, auch nutzen. Nutzen, um sich auf die Dinge zu konzentrieren, die man selbst ändern kann. Indem man Kontrolle über das übernimmt, was nahe liegt. In einer Zeit, in der Staat und Gesellschaft komplett freidrehen und sich der Panik ausliefern, habe ich mich auf die Familie besonnen. Und auf mich selbst. Ich habe quasi die überschüssige Energie, die ich durch mangelnde soziale Kontakte und Veranstaltungen aufgestaut habe, kanalisiert, um mich selbst zu verbessern. Dass es der Welt da draußen schlecht geht (ob fremdbestimmt durch ein Virus oder selbst-induziert durch Angst) kann ich nicht ändern. Aber ich kann dafür sorgen, dass es mir selbst gut geht. Ein bisschen so wie ein Gefangener, der zwar der Freiheit beraubt ist, aber dann in seiner Zelle trainiert, weil er sich von der Gesellschaft neben der Freiheit nicht auch noch die Kontrolle über den eigenen Körper nehmen lassen will.

Und das krasse ist: Das Ganze hat funktioniert. Ich bin gerade so fit wie noch nie zuvor in meinem Leben. Von einem verdorbenen Magen im Urlaub abgesehen, war ich seit Januar nicht einmal krank. Ich hatte das ganze Jahr über nicht eine Erkältung. Das ist seit Jahrzehnten nicht vorgekommen. Ob das daran liegt, dass ich fitter bin oder daran, dass ich so gut wie nie mehr in den Öffis unterwegs bin oder an einer Kombination aus beidem, ist mir eigentlich egal. In diesen Zeiten muss man sich über jeden kleinen Sieg freuen.

Deshalb ist das Fazit dieses Jahresrückblicks auch eher persönlich als geschäftlich. Geschäftlich bin ich froh, dass ich mich als Freelancer über Wasser halten kann. Aber persönlich und körperlich geht es mir besser denn je zuvor. Klar vermisse ich sozialen Umgang und das ganz normale Leben in der Stadt. Aber ich habe akzeptiert, dass ich manche Sachen einfach nicht ändern kann. Selbst wenn wir das Virus wieder los werden (unwahrscheinlich), dumme Menschen, die sich durch Angst und Propaganda manipulieren lassen, wird es immer geben. Das wichtige ist, dass mir das als Person nichts anhaben kann. Das ist die Fortitude, von der Crenshaw in seinem Buch spricht. Die Herausforderung annehmen. Beruflich und persönlich.

Ich werde nie wieder unter einem anderen Chef als mir selbst arbeiten können. Das ist mir 2020 klarer geworden, als je zuvor. Je mehr ich meine eigene Freiheit erkunde, desto abscheulicher erscheint mir jegliche Art der Fremdbestimmung. Zum Jahreswechsel jährt sich meine Selbstständigkeit zum zweiten Mal. Egal, wie es weiter geht, es steht fest, dass ich auf jeden Fall irgendwie auf eigene Faust versuchen werde, erfolgreich zu sein. Wie sich das entwickelt, lest ihr hier, in meiner Kolumne Ausgefuchst. Die nächste Ausgabe gibts Anfang Januar.